Mineralölkohlenwasserstoffe (MOSH/MOAH)

Im Rahmen eines Entscheidungshilfeprojektes des BMEL aus dem Jahr 2012 wurde für Mineralölkohlenwasserstoffe aus Recyclingkartons ein hohes Migrationspotential in Lebensmittel festgestellt. Mineralölbestandteile können jedoch auch über eine Vielzahl anderer Wege in Lebensmittel gelangen. Mögliche Kontaminationsquellen sind Verpackungsmaterialien (Recyclingpapier, Druckfarben, Jutesäcke), aber auch:

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  • Schmieröle aus Ernte- und Verarbeitungsmaschinen
  • Abgase aus der Umwelt
  • Dressings aus mineralölhaltiger Wellpappe
  • Lebensmittelzusatzstoffe (Trenn-, Überzugs-, Glanz-, Antistaubmittel)

Was sind MOSH und MOAH?

Aus chemischer Sicht handelt es sich bei Mineralölen um komplexe Gemische, die hauptsächlich aus gesättigten Mineralölkohlenwasserstoffen (MOSH, engl. mineral oil saturated hydrocarbons) und meist alkylierten aromatischen Mineralölkohlenwasserstoffen (MOAH, engl. mineral oil aromatic hydrocarbons) bestehen. Beide Substanzgruppen enthalten sowohl lineare, verzweigte also auch ringförmige Verbindungen unterschiedlicher Molekülgröße.

mosh moahDie stoffliche und prozentuale Zusammensetzung der einzelnen Mineralölfraktionen kann sehr unterschiedlich ausfallen, abhängig von der Herkunft und dem Herstellungsverfahren der aus Rohöl gewonnenen Mineralölprodukte.  So enthalten rohe und technische Mineralöle relativ hohe Gehalte an MOAH, während in raffinierten medizinischen Mineralölen in der Regel nur noch Spuren bis keine nachweisbaren Gehalte an aromatischen Bestandteil en enthalten sind.

Darüber hinaus können bestimmte Markersubstanzen Hinweise auf die Kontaminationsquelle liefern. So handelt es sich bei zum Beispiel Diisopropylnaphthalinen (DIPN) um Verbindungen, die als Lösungsmittel in Durchschlagpapieren eingesetzt werden und während des Recyclingprozesses bei der Herstellung von Altpapier nicht vollständig entfernt werden können. Ein Nachweis von DIPN im Lebensmittel kann somit auf einen direkten oder indirekten Kontakt mit  altpapierhaltigen Verpackungsmaterialienhindeuten. Darüber hinaus zeigen POSH (oligomere Kohlenwasserstoffe aus Polyolefinen) und PAO (Polyalphaolefine) im Chromatogramm der online-LC-GC-FID-Standardanalytik charakteristische Signalmuster, sodass über diese Verbindungen eine Kontamination mit Kunststoffbestandteilen und synthetischen Schmierstoffen nachgewiesen werden kann.1,2,3

Welche gesundheitlichen Gefahren bestehen und wie ist die rechtliche Regelung?

Nach derzeitigem wissenschaftlichem Stand liegen keine hinreichenden toxikologischen Belege vor, die eine gesundheitliche Gefährdung des Menschen durch gesättigte Mineralölfraktionen (MOSH) belegen. MOAH hingehen stehen im Verdacht, kanzerogen zu wirken (insbesondere PAK-ähnliche Verbindungen mit 3-7 Ringsystemen), weswegen deren Gehalt im Lebensmittel nach dem ALARA-Prinzip (as low as reasonably achievable) so weit wie möglich reduziert werden sollte.

Aktuell liegen weder spezifische rechtliche Regelungen noch Höchstgehalte für Mineralöl- bestandteile in Lebensmitteln vor. Im Februar 2017 wurde der 4. Entwurf der 22. Verordnung zur Änderung der Bedarfsgegenständeverordnung („Mineralölverordnung“) veröffentlicht. Dieser sieht eine Verwendung von funktionellen Barrieren vor, damit sichergestellt werden kann, dass kein nachweisbarer Übergang von MOAH aus altpapierhaltigen Lebensmittelkontaktmaterialien in Lebensmitteln stattfindet. Hierfür gilt eine Nachweisgrenze von 0,5 mg/kg Lebensmittel.

2019 wurde vom Joint Reserach Center der Europäischen Kommission ein Leitfaden zur Analytik im Rahmen des europäischen Mineralöl-Monitorings in Lebensmitteln und Lebensmittelkontaktmaterialien veröffentlicht (JRC Guidance on sampling, analysis and data reporting for the monitoring of mineral oil hydrocarbons in food and food contact materials). Dieser empfiehlt eine einheitliche Vorgehensweise der Mineralölbestimmung beginnend bei der Probennahme bis hin zur Ergebnisdarstellung, um eine bessere Vergleichbarkeit der Analysenergebnisse zu erreichen.4

Zudem haben die Ländergemeinschaft Verbraucherschutz (LAV) zusammen mit dem Lebensmittelverband Deutschland e.V. erstmals Orientierungswerte für Mineralöl in Lebensmitteln in Deutschland für einige Lebensmittelkategorien veröffentlicht. Diese wurden statistisch ermittelt und sollen den derzeitig erreichbaren Standard zur Reduzierung der Mineralölgehalte im Sinne der Guten Herstellungspraxis darstellen. Dabei nehmen die Orientierungswerte Bezug auf die vereinheitlichte Analytik und Ergebnisdarstellung des JRC-Leitfadens.5,6

Wie erfolgt die Analytik im ifp?

Die Analytik von Mineralölkohlenwasserstoffen erfolgt im ifp über eine HPLC-GC-FID Methode, die auf der BfR Methode von 2009 und der DIN EN 16995 basiert. Verschiedene Optimierungsschritte werden vorgenommen, um eine differenziertere analytische Beurteilung treffen zu können.

Darüber hinaus bietet das ifp Institut für Produktqualität eine hochselektive Methode zur Absicherung von Positivbefunden und weiterführenden Charakterisierung von Mineralölbestandteilen mittels GCxGC-ToF an.

Folgende Dienstleistungen werden im ifp angeboten:

 

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Quelle:
1
Abschlussbericht  zur wissenschaftlichen Studie „Ausmaß der Migration unerwünschter Stoffe aus Verpackungsmaterialien aus Altpapier in Lebensmitteln“. Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. 2012

2 Birgit Geueke. Dossier- Mineral oil Hydrocarbons. Food Packaging Forum, June 2017, DOI: 10.5281/zenodo.820984
3 S. Biedermann-Brem et.al. Migration of polyolefin oligomeric saturated hydrocarbons (POSH) into food. Food Additives and Contaminants Vol. 29, No. 3, March 2012, 449-460
4 S. Bratinova, E. Hoekstra (Editors). Guidance on sampling, analysis and data reporting for the  monitoring of mineral oil hydrocarbons in food and food contact materials. Luxembourg: Publication Office of the European Union, 2019, SBN 978-92-76-00172-0, doi:2760/208879, JRC115694
5 Dr. Sieglinde Stähle, Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e.V.; Rüdiger Helling, Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz, Referat 22 Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit, Bedarfsgegenstände, Kosmetika. Orientierungswerte für Mineralölkohlenwasserstoffe (MOH) in Lebensmitteln. Stand April 2019
6 https://www.lebensmittelverband.de/de/aktuell/20190502-veroeffentlichung-moh-orientierungswerte