"Ohne Gentechnik": Was ist erlaubt?

Quelle: www.transgen.de

Seit 1. Mai 2008 gelten in Deutschland durch das EG-Gentechnik-Durchführungsgesetz besondere gesetzliche Bestimmungen zur Kennzeichnung von Lebensmitteln, die ohne Gentechnik erzeugt wurden. Die Anforderungen dafür sind unterschiedlich - je nachdem, ob es sich um Lebensmittel tierischen oder nicht-tierischen Ursprungs handelt. Eine Infografik zur "Ohne Gentechnik"-Kennzeichnung finden Sie auf der Website des BMEL.

Tierische Lebensmittel "ohne Gentechnik"

Bei tierischen Lebensmitteln wie Fleisch, Eier oder Milch gibt es besondere Kriterien für die Kennzeichnung "ohne Gentechnik". Diese beziehen sich ausschließlich auf die Futtermittel, welche die Tiere erhalten haben.

Futtermittel aus gentechnisch veränderten Pflanzen sind zwar grundsätzlich nicht erlaubt, dennoch stehen bestimmte Gentechnik-Anwendungen bei Futtermitteln einer "ohne Gentechnik"-Deklaration nicht entgegen:

  • Das Verbot von gv-Futterpflanzen bezieht sich auf einen bestimmten Zeitraum vor der Verwertung.
    Bei Schweinen sind es etwa die letzten vier Monate vor der Schlachtung, bei Milch produzierenden Tieren die letzten drei Monate und bei Hühnern für die Eiererzeugung die letzten sechs Wochen. Beginn und Länge des Zeitraumes der GVO-„freien“ Fütterung bestimmt das EG-Gentechnik-Durchführungsgesetz.
  • Zufällige, technisch unvermeidbare Beimischungen von zugelassenen GVO in den Futtermitteln sind erlaubt, sofern sie unterhalb des Schwellenwerts von 0,9 Prozent bleiben.
  • Zulässig sind zudem Futtermittelzusätze wie Vitamine, Aminosäuren oder Enzyme, bei deren Herstellung gentechnisch veränderte Mikroorganismen eingesetzt wurden. Die Tiere dürfen auch mit gentechnisch hergestellten Arzneimitteln oder Impfstoffen behandelt werden.

Zahlreiche Futtermittel enthalten gentechnisch hergestellte Zusätze. Damit sollen Ernährungsmängel der pflanzlichen Futtermittel ausgeglichen werden (etwa durch die Aminosäuren Lysin oder Methionin). Andere Zusätze sollen die Futtermittelverwertung (etwa die Enzyme Amylase oder Phytase) oder die Vitaminversorgung (etwa Vitamin B2) verbessern. Futtermittel mit solchen von gv-Mikroorganismen hergestellten Zusätzen dürfen bei "ohne Gentechnik"-Lebensmitteln ohne Einschränkung verwendet werden.

Bei den übrigen Zutaten eines "ohne Gentechnik"-Lebensmittels gelten strengere Anforderungen als bei den Futtermitteln. So ist etwa bei "ohne Gentechnik"-Käse nicht erlaubt, mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestelltes Chymosin (Labferment) zu verwenden.

Sonstige Lebensmittel "ohne Gentechnik"

Bei den übrigen Lebensmitteln sind die Anforderungen für eine "ohne Gentechnik"-Kennzeichnung strenger. Nicht erlaubt sind:

  • Zutaten oder Zusatzstoffe aus gentechnisch veränderten Pflanzen,
  • Zusatzstoffe wie Vitamine, Aminosäuren, Aromen oder Enzyme, die mit Hilfe von gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt werden.
    Ausnahme: Die jeweiligen gentechnisch hergestellten Zusatzstoffe sind nach der EU-Ökoverordnung zugelassen und es sind keine "ohne Gentechnik" hergestellten Alternativen erhältlich.
  • Zufällige oder technisch unvermeidbare Spuren von GVO.

Im Rahmen der amtlichen Überwachung ist es jedoch gängige Praxis, Anteile unterhalb der technischen Bestimmungsgrenze von 0,1 % nicht weiter zu verfolgen, sofern es sich um zugelassene GVO handelt.

Sonderfall Honig

Gemäß der Honigverordnung ist Honig der natursüße Stoff, der von Honigbienen erzeugt wird, in dem die Bienen Nektar von Pflanzen, Sekrete lebender Pflanzenteile oder Exkrete von an Pflanzenteilen saugenden Insekten aufnehmen, mit eigenen Stoffen, vor allem Enzymen, anreichern und in Waben reifen lassen.

Sammelt die Biene den Nektar einer gentechnisch veränderten Pflanze, so können auch Pollen dieser Pflanze, welche die gentechnische Veränderung ebenfalls enthalten, mit aufgenommen werden und in den Honig gelangen.

Der EuGH stufte 2011 den Pollen im Honig als Zutat und nicht als natürlichen Bestandteil ein. Honig mit GVO-Pollen erhielt den Status eines „aus GVO-hergestellten“ Lebensmittels. Damit wurde eine Kennzeichnungspflicht ausgelöst, wenn der Anteil an GVO-Pollen am Gesamtpollenanteil höher als 0,9 % betrug.

Das EuGH-Urteil wurde mit der Überarbeitung der europäischen Honig-Richtlinie bzw. der nationalen Honigverordnung revidiert, da nun Pollen als natürlicher Bestandteil von Honig definiert wurden. Mit dieser Änderung ist der ermittelte Anteil an GVO-Pollen nicht mehr auf den Pollenanteil im Honig, sondern auf den gesamten Honig zu beziehen. Der Anteil an Pollen und sonstiger wasserunlöslicher Bestandteile im Honig beträgt in aller Regel jedoch maximal 0,1 %. In der Praxis finden die kennzeichnungsrechtlichen Regelungen für gentechnisch veränderte Organismen bei Honig daher keine Anwendung. 1

Werden allerdings Pollen von in der EU nicht zugelassenen gentechnisch veränderten Linien nachgewiesen, gilt der Honig als nicht verkehrsfähig.

Das ifp bietet die GVO-Analytik von Honig im Kundenauftrag an. Diese umfasst ein umfangreiches molekularbiologisches Screening sowie die Identifizierung und Quantifizierung.

1 Stellungnahme Nr. 2016/01: Leitfaden zur Kontrolle gentechnischer Veränderungen in Lebensmitteln

Gentechnik und Bio-Kennzeichnung gemäß Öko-Verordnung

Die oben genannten Regelungen für die "Ohne Gentechnik"-Kennzeichnung stehen nicht im Zusammenhang mit der Bio-Kennzeichnung gemäß der Öko-Verordnung (EG) Nr. 834/2007. Diese regelt in Artikel 9, dass "GVO und aus oder durch GVO hergestellte Erzeugnisse (...) nicht (...) in der ökologischen/biologischen Produktion verwendet werden" dürfen. Im allgemeinen dürfen sich ökologische Unternehmer aber beim Kauf von Lebens- und Futtermitteln auf die Pflichtkennzeichnung von GVO gemäß VO (EG) Nr. 1829 und 1830/2003 verlassen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass Spuren von zugelassenen GVO unterhalb von 0,9 % möglich sind.