Monochlorpropandiole (MCPD), Glycidol und deren Fettsäureester

Die Monochlorpropandiole 3-Monochlor-1,2-propandiol (3-MCPD) und 2-Monochlor-1,3-propandiol (2-MCPD) gehören zur Gruppe der Prozesskontaminanten und entstehen vorwiegend bei der Herstellung von hydrolysiertem Pflanzenprotein und Sojasauce. Toast-, Back-, Brat- und Röstprozesse können ebenfalls die Bildung von 3-MCPD und 2-MCPD in z.B. Brot, Fleisch, Fisch und Kaffee induzieren.

Strukturformeln von 3-Monochlor-1, 2-propandiol (links) und Glycidol (rechts):

3 MPCD 1   
Glycidolpng

3-MCPD-Fettsäureester und Glycidylfettsäureester in Lebensmitteln

Neben dem freien 3-MCPD wurden 2006 erstmals 3-MCPD-Fettsäureester und Glycidylfettsäureester in verschiedenen pflanzlichen Speisefetten und -ölen, vorwiegend in Palmöl, nachgewiesen. Durch die Verarbeitung von pflanzlichen Speisefetten und -ölen können 3-MCPD-Fettsäureester und Glycidylfettsäureester vor allen in folgenden Lebensmitteln in erhöhten Konzentrationen enthalten sein:

  • Säuglingsanfangs- und Folgenahrung
  • Nuss-Nougat-Creme
  • Margarine und andere fetthaltige Brotaufstriche
  • frittierte Lebensmittel (z.B. Fischstäbchen)
  • Feinbackwaren

Wie entstehen 3-MCPD-Fettsäureester und Glycidylfettsäureester?

Palmöl3-MCPD-Fettsäureester und Glycidylfettsäureester entstehen vorwiegend während der Fett- und Ölraffination. Die Raffination ist ein notwendiger chemischer und physikalischer Aufreinigungs- und Veredelungsprozess, um die Qualität von Fetten und Ölen zu gewährleisten. Ein Bestandteil der Fettraffination ist die Desodorierung und Entsäuerung, wobei unerwünschte Geruchs- und Geschmacksstoffe sowie freie Fettsäuren unter Druck- und Hitzebehandlung entfernt werden. Dabei können Monoacylglyceride (MAG), Diacylglyceride (DAG) und Triacylglyceride (TAG) unter Hitze mit den in den Ölen und Fetten natürlich vorkommenden Chlorid-Verbindungen zu 3-MCPD-Fettsäureester und Glycidylfettsäureester reagieren. Bei Temperaturen um 180 °C werden hauptsächlich 3-MCPD-Fettsäureester gebildet. Temperaturen ab 230 °C begünstigen die Entstehung von Glycidylfettsäureester.

Wie entstehen 3-MCPD-Fettsäureester und Glycidylfettsäureester?

Nicht alle Pflanzenöle sind gleichermaßen betroffen. Während die Gehalte von 3-MCPD-Fettsäureestern und Glycidylfettsäureestern in Saatenölen wie Raps-, Soja- oder Sonnenblumenöl zum Teil unterhalb der Bestimmungsgrenze liegen, weisen Fruchtöle wie raffiniertes Palm- oder Olivenöl deutlich höhere Gehalte auf. Dennoch können Fruchtöle aufgrund ihrer spezifischen Eigenschaften nicht ohne weiteres durch Saatenöle ersetzt werden.

1-Stearoyl-3-MCPD (Beispiel für einen Monoester):
3 MPCD 2 

1-Palmitoyl-2-Oleoyl-3-MCPD (Beispiel für einen Diester):
3 MPCD 3

Welche Risiken gehen von 3-MCPD, 2-MCPD und deren Fettsäureestern aus?

Laborversuche mit Tieren haben gezeigt, dass bei einer dauerhaft erhöhten Aufnahme von freiem 3-MCPD eine übermäßige Zellbildung (Hyperblasie) in den Nierentubuli auftreten kann. 3-MCPD wurde von der International Agency for Research on Cancer (IARC) 2012 als „möglicherweise krebserzeugend für den Menschen“ (IARC-Kategorie 2B: „possibly carcinogenic to humans“) bewertet. Im März 2016 wurde durch ein Sachverständigengremium der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) das potenzielle Risiko von 3-MCPD bewertet. In der Veröffentlichung wurde bestätigt, dass estergebundenes 3-MCPD durch das menschliche Verdauungssystem fast vollständig gespalten wird. Somit gehen von 3-MCPD-Fettsäureestern ein nahezu identisches Risiko wie von freiem 3-MCPD aus. Die EFSA hat im November 2017 Ihre Bewertung für 3-MCPD nochmals aktualisiert und den TDI von 2,0 µg/kg Körpergewicht für 3-MCPD und dessen Fettsäureestern abgeleitet.

Beispielrechnung

Eine erwachsene Person mit einem Körpergewicht von 60 kg darf täglich nicht mehr als 120 µg 3-MCPD und dessen Fettsäureestern aufnehmen (2,0 µg × 60 kg). Mit dem Verzehr von bspw. 50 g einer Nuss-Nougat-Creme, bei der ein Gehalt von 4,0 mg/kg 3-MCPD-Fettsäureester (ausgedrückt als 3-MCPD) gemessen wurde, wird der TDI-Wert von 2,0 µg/kg Körpergewicht bereits deutlich überschritten (50 g × 4 mg/kg = 150 µg).

Für eine Risikobewertung von 2-MCPD und dessen Fettsäureestern ist laut EFSA die momentane Datenlage noch zu gering. Eine Bewertung steht daher noch aus, ist aber für die Zukunft geplant.

Welche Risiken gehen von Glycidylfettsäureestern aus?

2,3-Epoxy-1-propanol (Glycidol) wurde von der IARC 2012 als „wahrscheinlich krebserzeugend für den Menschen“ (IARC-Kategorie 2A: „probably carcinogenic to humans“) bewertet und gilt genotoxisches Karzinogen. Im März 2016 wurde durch die EFSA ebenfalls das potenzielle Risiko von Glycidylfettsäureestern bewertet. Wie bei 3-MCPD-Fettsäureestern wird auch estergebundenes Glycidol durch das menschliche Verdauungssystem fast vollständig freigesetzt. Die toxikologische Bewertung von Glycidylfettsäureester erfolgt anhand des MoE-Ansatzes (Margin of Exposure). Weitere Informationen zur toxikologischen Bewertung von Glycidyl-Fettsäureestern finden Sie in der Stellungnahme Nr. 020/2020 des BfR vom 20. April 2020.

Welche rechtlichen Vorgaben gibt es?

Aktuell existieren Höchstgehalte gemäß Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 für „freies“ 3-MCPD und Glycidylfettsäureester, ausgedrückt als Glycidol.

Für 3-MCPD-Fettsäureester existieren derzeit noch keine Höchstgehalte. Die Europäische Kommission plant jedoch spätestens 2021 Höchstgehalte für die Summe von freiem 3-MCPD und dessen Estern festzusetzen.

Analytik im ifp Institut für Produktqualität

Wir bestimmen 3-MCPD-Fettsäureester (ausgedrückt als 3-MCPD) und Glycidylfettsäurester (ausgedrückt als Glycidol) mittels der offiziell validierten Einheits-Methode DGF C-VI 18 (10) A, B, auch bekannt als AOCS Cd 29c-13.